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Die Kulturfahrt Maulbronn - Ludwigsburg - Alpirsbach

23.04.2019

(Fahrtbericht von einem, der den Bus versäumt hat, also fast nicht dabeigewesen wäre.)

Als der mit dem Pkw nachgeeilte Chronist Maulbronn nach 2 ¾ Stunden erreichte (der Bus hatte für die Strecke etwa fünf Stunden benötigt), saßen die Regensburger Kulturfreunde und –freundinnen bereits beim vorzüglichen Abendmahl im Scheffelhof, wo der verspätete Gast mit viel Gelächter begrüßt wurde. Da niemand durch die Extra-Tour beeinträchtigt worden war, gewannen andere Themen schnell wieder die Oberhand. Hauptsache: das Team war komplett und es war jemand da, der den Fahrtbericht schreiben und schöne Fotos liefern und auf die Homepage stellen würde. Denn was nützt die schönste Kulturfahrt, wenn die Nachwelt nichts davon erfährt? Es wäre, als wäre man nie fort gewesen. Dabei sind Maulbronn, das nahegelegene Ludwigsburg mit seinem prachtvollen barocken Residenzschloß und Alpirsbach, das Schmankerl, das man sich für Sonntag aufgehoben hatte, auf jeden Fall eine Reise wert. Doch man muß sich warm anziehen, denn es ist kalt in den Klöstern. Noch dazu ziehen es die Führerinnen vor, die längsten historischen Überblicke jeweils in einem zugigen, schattigen Winkel vorzutragen, während 20 m weiter die Sonne strahlt. Aber immerhin vermittelt das einen lebensnahen Eindruck von der Kälte des Klosterlebens – nicht nur im Mittelalter.

Das weitläufige, 1147 von Wandermönchen gegründete Zisterzienserkloster Maulbronn, „als schönste erhaltene deutsche Klosteranlage auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes“ (Baedeker: Deutschland) weist romanische, gotische und Stilelemente der Renaissance auf. Als weltliche Herrscher das prosperierende Kloster für sich beanspruchten und die Mönche nach Speyer vertrieben, wurde es vorwiegend als Jagdschloß und für Festivitäten des Adels genutzt. Besonders beeindruckend sind das Paradies (eine Vorhalle der Kirche), der Kreuzgang, der Speisesaal der Laienbrüder, das Herrenrefektorium und das mittelalterliche Brunnenhaus. Der dreischalige Brunnen, das Wahrzeichen des Klosters Maulbrunn, ist jüngeren Datums; er entstand erst 1878, ziert aber die 2,- €-Münze des Landes Baden-Württemberg (2013).

Kurios ist die Geschichte von der gewollten Imperfektion des Bauwerks. Konkret handelt es sich um eine deplatzierte Säule im Kreuzgang der Klosterkirche, die man angeblich extra dort eingebaut hat, um das Gebäude mit einem offensichtlichen „Fehler“ zu versehen, „weil nur Gott etwas Perfektes schaffen kann. Alles Menschenwerk offenbart aber unsere Unvollkommenheit.“ Wenn aber der Fehler bewußt eingebaut wird, ist er dann nicht ein Zeichen menschlicher Hybris? Man täuscht Gott, obwohl man es besser hätte machen können? Was für eine Gottesvorstellung verrät das? Die Vorstellung eines Gottes, der neidisch werden könnte im Angesicht eines gelungenen Bauwerks? Die Botschaft lautet also insgeheim: Natürlich sind wir gottgleich in unserem Handwerk und durchaus in der Lage, Vollkommenes zu erschaffen; nur wollen wir nicht, daß Gott es merkt, er könnte uns sonst zürnen. Geht’s noch?

Nach der Klosterführung (und der Erwärmung sämtlicher Gliedmaßen) ging es per Bus ins ca. 30 km entfernte Ludwigsburg, wo die Gruppe zunächst sich selbst überlassen blieb, um auf eigene Faust Arrangements für das Mittagessen zu treffen. Um 14 Uhr traf man sich dann wieder im Schloßhof zur Führung durch das Barock-Schloß Ludwigsburg, die größte erhaltene Barockanlage Deutschlands, genannt das „schäbische Versailles“.  Ihren Namen verdankt die Stadt Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, der hier ab 1704 ein Schloß erbauen ließ, neben dem sich der 1709 zur Stadt erhobene Ort entwickelte. Unter Herzog Karl Eugen, der von 1764 bis 1775 die Residenz von Stuttgart hierherverlegt hatte, war das Schloß Schauplatz der prächtigsten Hofhaltung Europas. Mit der Rückverlegung der Residenz nach Stuttgart 1775 schwand die Bedeutung Ludwigsburgs. Aus dem „schäbischen Versailles“ wurde das „schwäbische Potsdam“, eine Garnisons- und Beamtenstadt (nach Baedeker, Deutschland, S. 505).

Nach einer zweiten Nacht im Hotel KlosterPost trat man die Heimreise via Alpirsbach an, das ziemlich genau 100 km südlich von Maulbronn im Tal der Kinzig liegt. „Das Kinzigtal trennt den nördlichen vom südlichen Schwarzwald und ist spätestens seit der Römerzeit die wichtigste den Schwarzwald in west-östlicher Richtung querende Verkehrsverbindung.“

Während der Chronist mit einem Navigator den direkten Weg durchs Enztal nach Freudenstadt und Alpirsbach wählte, legte der Bus noch einen Zwischenstopp beim Kloster Hirsau ein, das im 11. Jahrhundert Vorbild für andere Klöster war und einen neuen Baustil entwickelte. Von seinem Abt Wilhelm ging im Mittelalter eine klösterliche Reformbewegung aus. Doch in der Reformation ließ Herzog Ulrich von Württemberg das Kloster auflösen. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1692) wurde es von französischen Truppen in Schutt und Asche gelegt.

Die Hauptattraktion von Alpirsbach ist das 1095 geweihte ehemalige Benediktinerkloster.

„Die Klosteranlage mit ihrer romanischen, um das Jahr 1130 geweihten Säulenbasilika und ihrem spätgotischen Kreuzgang  (15. Jh.) sowie diversen Nebengebäuden ist noch bestens erhalten“, wovon sich die Regensburger im Rahmen einer interessanten Führung überzeugen konnten. Zudem bekamen sie eine anschauliche Einführung in das mittelalterliche Klosterleben. Im Gasthaus Zur Löwen Post war man trotz Vorbestellung ein wenig überfordert mit dem Ansturm von über 30 hungrigen Reisenden, die dann aber doch gut verköstigt in den Bus steigen konnten, während der Chronist die Heimreise wohl oder übel im eigenen Pkw antreten mußte.

(Quellen: Deutschland 2000, Ostfildern: Verlag Karl Baedeker, 2000 und ADAC Reiseführer: Deutschland – Die schönsten Orte und Regionen, München: ADAC-Verlag GmbH, 2008)

(Fotos: siehe "Fotogalerien")

Rudolf F. Dietze

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